…aber bitte nur in Schwarz-Rot-Gold!

Deutschland atmet auf: Die Regenbogenflagge ist vom Reichstag verbannt. Julia Klöckner, CDU, die Jeanne d’Arc der Monotonie, hat durchgegriffen 1. Endlich keine bunte Verwirrung mehr über dem Parlament – jetzt herrscht wieder Ordnung, Disziplin und die wohltuende Tristesse der Nationalfarben. Vielfalt? Sichtbarkeit? Das ist doch was für den Christopher Street Day, aber nicht für die heiligen Hallen der deutschen Demokratie!
Klöckner, die sich mutig gegen die Diktatur der Toleranz stemmt, hat erkannt: Wer für Menschenrechte eintritt, ist parteiisch. Neutralität heißt, Minderheiten schön unsichtbar zu machen. Die Regenbogenflagge? Ein gefährlicher Angriff auf die staatliche Ordnung! Was käme als Nächstes – „Kein Mensch Ist Illegal“-Flaggen auf dem Kanzleramt? Intersektionale Wimpel auf dem Bundesadler? Nein, Schluss mit dem bunten Treiben!
Julia Wer?
Wer sich fragt, woher Klöckner diese Prinzipienfestigkeit nimmt, sollte an ihre Vergangenheit denken: Als Landwirtschaftsministerin glänzte sie nicht nur mit neutralen Farben, sondern auch mit neutralen Interessen – etwa als sie gemeinsam mit dem Nestlé-Chef 2 vor der Kamera über „freiwillige Zuckerreduktion“ plauderte und Nestlé als Musterbeispiel für gesunde Ernährung lobte. Lobbyismus? Nein, das war natürlich nur ein freundlicher Austausch zwischen alten Bekannten. Wer braucht schon Transparenz, wenn man auch einfach den Deckel draufhalten kann?
Auch im Wahlkampf zeigte Klöckner klare Kante: Auf ihren Plakaten prangte sinngemäß die Botschaft, dass man für rechte Politik nicht die AfD wählen müsse – die CDU liefere das alles gleich mit, aber eben mit freundlichem Lächeln und ohne braunen Anstrich. Die Brandmauer zur AfD? Eher ein Sichtschutz aus Milchglas: Man sieht nicht genau, was dahinter passiert, aber die Richtung ist klar.
Gleiberechti-WAS?
Die queeren Mitarbeitenden im Bundestag dürfen jetzt lernen, was wahre Gleichberechtigung ist: Sie werden einfach gleich unsichtbar gemacht. Wer braucht schon Solidarität, wenn er Paragraphen hat? Und die AfD? Die klatscht begeistert Beifall – endlich übernimmt mal jemand ihre Programmpunkte, ohne dass sie dafür in den Verfassungsschutzbericht muss.
Während draußen die Angriffe auf queere Menschen steigen, sendet Klöckner ein deutliches Signal: Eure Sichtbarkeit ist uns zu laut, eure Rechte zu bunt, eure Existenz zu politisch. Wer sich trotzdem noch traut, für Vielfalt zu stehen, kann das ja im eigenen Wohnzimmer tun – aber wehe, jemand hängt ein Regenbogenfähnchen ans Fenster des Bundestags. Das wäre ja noch schöner, wenn die Demokratie auch noch für Minderheiten da wäre!
Oha, der Chef hat auch noch ’ne Meinung
Und als wäre das alles noch nicht absurd genug, bekommt Julia Klöckner für ihr Flaggenverbot auch noch Schützenhilfe von ganz oben: Bundeskanzler Friedrich Merz persönlich stellt sich demonstrativ hinter seine Parteifreundin und erklärt in der ARD-Talkshow „Maischberger“ mit staatsmännischer Gravitas, der Bundestag sei schließlich „kein Zirkuszelt“ 3 auf dem man „beliebig Fahnen hisse“. Wer also dachte, Demokratie lebt von Zeichen der Solidarität, wird nun eines Besseren belehrt: Im deutschen Parlament weht nur, was ins Farbschema passt – alles andere ist offenbar schon zu viel Manege.
Merz legt noch nach: Die Regenbogenflagge dürfe höchstens am 17. Mai, dem Tag gegen Homophobie, gehisst werden. Ansonsten gelte Flaggen-Diät – deutsche und europäische Fahne, basta. Wer mehr Vielfalt will, kann ja vor der eigenen Haustür wedeln, so der Kanzler sinngemäß. Der Bundestag als Zirkuszelt? Nicht mit Merz und Klöckner. Hier gibt’s keine Akrobatik in Sachen Menschenrechte, sondern solide Verwaltung von Farblosigkeit. Wer sich da noch fragt, warum rechte Narrative salonfähig werden, findet die Antwort jetzt schwarz-rot-gold auf weißem Grund.
Danke, Frau Klöckner und „NichtMeinKanzler“, für diesen dringend nötigen Schritt zurück. Deutschland kann wieder stolz sein: auf seine Neutralität, seine Farblosigkeit und seine Fähigkeit, Probleme einfach wegzudekorieren. Wer braucht schon Mut zur Vielfalt, wenn man Mut zur Unsichtbarkeit haben kann?
Wir meinen dazu:
Was für eine erbärmliche Farce! Diese angebliche „Neutralität“ ist nichts anderes als feige Wegduckerei vor rechter Hetze und ein offener Schlag ins Gesicht all jener, die tagtäglich für ihre Existenz kämpfen müssen.
Wer Sichtbarkeit als „Zirkus“ diffamiert, hat entweder nichts verstanden oder will bewusst die gesellschaftliche Uhr zurückdrehen – auf Kosten derer, die ohnehin schon am Rand stehen.
Das ist keine Haltung, das ist die kalte Gleichgültigkeit der Privilegierten, die sich im warmen Licht der Macht sonnen und dabei zuschauen, wie draußen Menschen für ihre Rechte geprügelt werden. Wer so regiert, hat nicht nur den Kompass verloren, sondern auch jedes bisschen Anstand. Diese Politik ist nicht neutral – sie ist zutiefst verachtenswert, feige und gefährlich. Wer so handelt, macht sich mitschuldig am Klima des Hasses.
- https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/portraet-kloeckner-102.html ↩︎
- https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/kloeckner-mit-nestle-ist-die-grenze-zu-werbung-ueberschritten,RSbkFTV ↩︎
- https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/queerspiegel/der-bundestag-ist-ja-nun-kein-zirkuszelt-merz-verteidigt-klockners-entscheidung-gegen-regenbogenfahne-am-csd-13951300.html ↩︎
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