Sondermeldung aus dem Humus der Republik
Kameras an, Hirn aus – warum sich die AfD in einem Interview mit sich selbst in die Opferrolle bombt
Es ist Sommer, und wenn man den Balkon der Demokratie betritt, riecht es nicht nach veganer Grillwurst, sondern nach verbrannter Republik. Denn Alice Weidel, die Grinse-„Frontfrau“ (wie passend, oder?) des Grauens und wandelnder Telegram-Kommentarbereich, hat sich in der ARD die Ehre gegeben. Was folgt, ist kein politisches Gespräch – sondern der Versuch, den Rechtsruck als Fernsehformat zu etablieren.
Und während die ARD noch versuchte, die Weidel zwischen Fragezeichen zu begraben, geschah das Undenkbare: eine kleine Protestaktion (*hust). Nein, kein FDP-Parteitag – sondern eine ziemlich lautstarte Protestaktion vom Zentrum für Politische Schönheit. Und oh! Wie die noAfD nun ihre kleine Märtyrerschatztruhe plündert war zwar vorhersehbar, aber es gibt hier eine neue Qualität, weswegen wir hier darüber berichten müssen.
Piep Piep Bürgerkrieg – das Wehklagen der neuen Volkssturm-Veteranen
Hans-Christoph „Ich kann auch frontal sehr zerknischt drein schauen“ Berndt, AfD-Fraktionsvorsitzender in Brandenburg und gelernter Hobbyverfassungsselbstausleger, tappte postwendend in die rhetorische Furunkelfalle:
Die ARD, so seine steile Diagnose, habe soeben „zum Bürgerkrieg“ aufgerufen.
Bürgerkrieg! Im Ersten! Zwischen „Rote Rosen“ und „Tatort“
Man stelle sich das bitte einmal vor: Die GEZ-Medien als Sturmgeschütz des linkswoken Untergrunds, wo Protestaktionen mit Gefängnisbus gleichbedeutend sind mit dem Ausbruch der Apokalypse. Nein, das ist keine Satire – das ist Faschismus mit Aluhut und Nachmittagsfreizeit.
Berndt weiß wohlmöglich: Wer keine Argumente hat, bastelt sich halt einen Endzeitmythos. Und in seiner Version der Geschichte ist die noAfD eine verfolgte Wunderpflanze, ständig unter Beschuss von Trillerpfeifen, Glitzer und Grundgesetz.
„Patriotischer Widerstand“ oder: Wenn man sich radikalisiert
Berndt stilisiert seine Partei (boar, wie ich es hasse hier noch von einer Partei sprechen zu müssen) längst als patriotischen David, bedrängt von rot-rot-grünen Goliath-Kribbelkäfern, die mit Kunstaktionen und Meinungsfreiheit den heiligen nationalen Komposthaufen entweihen. Seine politischen Analysen erinnern mich an eine Telegram-Sprachnachricht eines sächsischen Prepper-Forums: Verschwörung, Volkstod, Medienfeindlichkeit, und zwischendrin immer wieder ein bisschen Bürgerkrieg, damit’s kracht in der Kommentarspalte.
Währenddessen hockt Weidel demnächst vermutlich bei Maischberger wie ein moralisches Nachtlicht mit Reichsbedankungsausdruck und jammert über die Grenzen der Meinungsfreiheit – natürlich ohne zu erwähnen, dass man „ihre“ Meinungsfreiheit durchaus häuftig vor irgendwelchen Kameras und auch im Bundestag ertragen muss. Unter jeder Hetze, jeder anti-migrantischen Parole, jeder abstrusen Unterfütterung (von deutschland bezahlte NGO. Strippenzieher im Hintergrund – bla bla) ihrer Klientel.
Die Doppelmoral-Tragikomödie der ARD
Natürlich ruft jetzt auch die ARD nach Konsequenzen. Wie konnte man es nur wagen, eine Politikerin mit menschenverachtendem Parteiprogramm mal ausnahmsweise nicht in voller Würde und Stille ihre Demokratiezersetzung ins Mikrofon säuseln zu lassen?
Liebe ÖR-Verantwortliche: Wenn ihr Leute zum Gespräch ladet, die das Grundgesetz lieber verbrennen als erklären, müsst ihr euch nicht wundern, dass jemand im Publikum oder von der anderen Straßenseite den Feuerlöscher zückt.
Statt investigativ zu fragen, warum die noAfD wie eine Mischung aus schlechtem Tatort und whatsappweitergeleiteter Endzeitoperette agiert, begnügt man sich einmal mehr mit der Opferpose der Rechten – und schenkt ihnen Einladung, Airtime und moralische Relevanz. Hauptsache, die Quote stimmt. Und wenn dann ein oder zwei Tage später ein Faktencheck im Internet von Euch auftaucht, dann ist das doch nahezu sinnlos, denn der Schaden durch die Ausstrahlung und der Falschaussagen ohne Einordnung, die ungefiltert in die Welt gerotzt worden sind.
Fazit: Irgendwo zwischen Dystopie, Ignoranz und deutschem Fernsehgarten
Die noAfD sieht Bürgerkrieg, wo andere nur ein bisschen zivilgesellschaftlichen Widerstand sehen. Oder, realistischer: Trillerpfeifen, Gesänge und lautstarken Protest – also die demokratische Restfeuchte in einem Land, das den Rechtsextremismus seit Jahren in Talkshows klimatisiert und am Wahltag salonfähig wählt.
Hans-Christoph Berndt träumt wohlmöglich von bürgerkriegsähnlichen Zuständen – dabei schreit er nur ins Mikrofon bzw. schreibt Sachen auf X, der derzeit größten Jauchegrube des heutigen Internets, wenn ihm jemand nicht freundlich genug „Guten Tag, Herr Faschist!“ sagt.
Wir sagen: Wer mit dem Grundgesetz auf Kriegsfuß steht, sollte sich nicht wundern, wenn zivilgesellschaftliche Akteure den Diskurs nicht als Sonntagskaffee, sondern als antifaschistischen Pflanzenschutz behandeln.
Lasst uns nicht vergessen: Faschismus kommt nicht mit Panzern, sondern mit dem Presseausweis und dem Bürgerkriegsjargon.
Quellen & Belege:
- T-Online zum „Bürgerkrieg“-Zitat von Berndt
- Zur Protestaktion des Zentrum für Politische Schönheit
- ARD kündigt Konsequenzen an (oha)
Compost Magazin – Wir mulchen eure Medienlandschaft.