Mahler, Endstation Sondermüll
Ein persönliches Nachtreten: Horst Mahler ist tot – und wir können kollektiv einen Sekt kaltstellen. Schluss, aus, vorbei. Der Mann, der sich sein Leben lang als personifizierte Abrissbirne für jede Form von Gesellschaftsordnung inszenierte, wurde nun von der einzig gerechten Instanz abmoderiert: dem Tod persönlich. Die Nachricht wirkt ein bisschen wie das Ende einer endlosen Reality-Show, nur dass wirklich keiner auf ein weiteres Comeback gewartet hat.
Von der RAF über maoistische Zirkeltreffen bis zur nationalsozialistischen Parallelwelt: Horst Mahler war der Inbegriff des politischen Drifters. Seine Leidenschaft? Die Lust an der totalen Zerstörung des Staates, ganz egal, wie das Banner gefärbt war. Hauptsache, der Laden brennt und er steht stolz davor. Links, rechts, querfeldein – immer galt: Hauptsache Radikalität, Hauptsache Krawall, Hauptsache Bühne für seine Allmachts- und Auslöschungsfantasien. Mit Vernunft und Mitmenschlichkeit hatte das so viel zu tun wie eine Presswurst mit Feinmechanik.
Nicht vergessen: Als Mahler damals die RAF aus der Taufe heben half, stand der Laden am Anfang mehr wie die Horst-Mahler-Sekten-AG im Berliner Untergrundkeller da als wie die später gefürchtete „Baader-Meinhof-Bande“. Gefühlt wartete er nur darauf, dass endlich jemand „Messias“ in seine Richtung ruft und alle kollektiv seine Weltuntergangs-Philosophie abfeiern. Doch das Publikum, also die künftigen Mit-Terrorist*innen, hatten kein gesteigertes Interesse an Mahlers autoritärer Selbstinszenierung als Ober-Guru.
Kluge Sektenführer erkennen, wann der Funke nicht überspringt: Mahler reichte das ganze Sektierertum-Abo also relativ zügig weiter an die wütende Viererbande um Baader, Ennslin und Co. Während die dann den blutigen Rollentausch mit der Staatsgewalt vollführten, übte sich Mahler weiter als Strippenzieher – immer mit feuchtem Blick auf den Staatszerfall, egal, ob mit linker Pop-Mystik oder später mit brauner Scheiße.
Er hätte die RAF vermutlich auch als etwas zwischen Wanderpredigertruppe und Zerstörungs-Workshop umgebaut, wenn er damit mehr Showbühne und Ego-Futter bekommen hätte. So blieb er ideologisch omnivor: Hauptsache, Brandstiftung und große Worte, egal, unter welcher Flagge und mit wie viel Fanclub.
Was von diesem „Lebenswerk“ bleibt, sieht aus wie eine Ruine nach jahrelangem Hausbesetzer- und Abrisskommando: kaputte Fenster, alles voller Müll, null Substanz. Zerstörung als Lebenszweck, Gesellschaft und Grundrechte nur lästiges Beiwerk. Die Justiz war jahrzehntelang im Mahler-Umlauf – erschienen, gepoltert, im Knast gelandet, und wieder von vorn –, stets begleitet von diesem selbstgerechten Grinsen, als hätte er tatsächlich etwas geleistet außer permanenter Lautstärke.
Alle überzeugten Neonazis, politischen Blauhelme und Fremdenhasser aller Coleur werden jetzt vermutlich ihre Reichsadler-Teelichter anzünden und ihre Telegram-Kanäle volltröpfeln vor lauter „Visionärs“-Heimweh. Für alle anderen bleibt: Mach’s gut, du wandelndes Schreckgespenst des menschlichen Abgrunds. Wer darüber trauert, darf sich gern ein Poster von Mahler zwischen Wendler und Bildzeitung hängen – das intellektuelle Niveau wird’s aushalten.
Und, zugegeben: Sollte Mahler im Jenseits wirklich auf Hitler und seine Reichsbürger-Kumpane treffen, können wir nur hoffen, dass das Publikum diesen absurden Geister-Theaterabend schnell wegzappt. Im Komposthimmel landen ab jetzt alle Brandstifter und Ideologen der Zerstörung – endlich sicher verwahrt statt weiter in der Weltgeschichte rumzumoren. Schön, dass wir uns nicht mehr mit diesem Phantom herumschlagen müssen.
Verrotte Mahler!