
[Berlin/Kabul] Ja, ihr habt richtig gelesen: Die Bundesregierung verhandelt jetzt offiziell mit den Taliban. Ausgerechnet mit jenen islamistischen Verbrechern, die Frauen aus Schulen und Universitäten verbannen, die das Internet abschalten, die Menschenrechte mit Füßen treten und seit vier Jahren ein ganzes Land in die Finsternis zurück katapultiert haben. Und warum? Um ein paar Straftäter abzuschieben. Das ist die erbärmliche Wahrheit hinter den „technischen Gesprächen“, von denen die regierungsnahen Pressesprecher*innen so gerne faseln.
Vergangenen Mittwoch saß tatsächlich ein hochrangiger Vertreter aus Dobrindts Innenministerium in Kabul am Tisch mit Mohammad Nabi Omari – einem Taliban-Vize-Innenminister, der zwölf Jahre im US-Folterknast Guantanamo verbrachte. Die Atmosphäre? „Angenehm“ und „konstruktiv“, wie der Taliban-Sprecher verlauten ließ. Klar, wenn man endlich die ersehnte internationale Legitimation bekommt, ist man auch mal höflich. Die deutsche Delegation? Ein Referatsleiter für Bundespolizei. So viel zur „technischen Ebene“.
Die Heuchelei hat einen Namen: Alexander Dobrindt
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) – dieser Mann, der im Bundestag vollmundig verkündet, er wolle „regelmäßig“ nach Afghanistan abschieben – lässt seine Beamt*innen jetzt direkt mit einem Regime verhandeln, das die Bundesregierung offiziell nicht mal anerkennt. Was für eine widerliche Farce! Einerseits keine „diplomatischen Beziehungen“, andererseits Händeschütteln mit Terroristen, die auf EU-Sanktionslisten stehen. Der Taliban-Innenminister Sirajuddin Haqqani wird international als Terrorist gesucht – ihm wird vorgeworfen, an Anschlägen beteiligt gewesen zu sein, bei denen 35 afghanische Polizistinnen ermordet wurden. Aber Hauptsache, wir können bald „mit Linienflügen“ abschieben statt mit teuren Chartermaschinen. Kosteneffizienz über alles, nicht wahr?
Die Bundesregierung – eine Koalition aus CDU/CSU und SPD, die sich im Koalitionsvertrag darauf geeinigt hat, „mit Straftätern und Gefährdern zu beginnen“ – führt hier eine Politik fort, die schon unter Kanzler Scholz begann. Zwei Abschiebungsflüge gab es bereits: einer im August 2024 unter der Ampel-Regierung mit 28 Verurteilten, einer im Juli 2025 unter Merz. Und jetzt soll das zur Routine werden. „Regelmäßig“, sagt Dobrindt. Als wäre Afghanistan ein sicherer Urlaubsort und nicht ein Land, in dem die Taliban gerade das Internet weitgehend abgeschaltet haben, um „unmoralische Inhalte“ zu verhindern.
Wenn Abschiebungen auf einmal wichtiger werden als Menschenrechte
Was wurde denn so alles besprochen in Kabul? Natürlich die „Rückführung von Straftätern“. Aber – und jetzt wird’s richtig perfide – auch die „Drogenproblematik“ und „Alternativen für den Lebensunterhalt“ für afghanische Landwirt*innen, denen die Taliban den Opiumanbau verboten haben. Soll Deutschland jetzt etwa Taliban-Agrarpolitik finanzieren? Welche Rolle soll die Bundesrepublik hier einnehmen? Das Ministerium schweigt sich aus. Dafür betonen die Taliban freudig, dass man sich auf „grundsätzliche Zusammenarbeit und Koordination zwischen den Ministerien beider Länder“ geeinigt habe.
Moment mal – „beider Länder“? Da wird aus „technischen Gesprächen“ ganz schnell eine De-facto-Anerkennung. Die Bundesregierung lässt mittlerweile sogar zwei Konsularmitarbeiter der Taliban nach Deutschland einreisen – die ersten, die von der neuen Machhaberin in Kabul „akkreditiert“ wurden. Die alten Konsulatsmitarbeiter*innen, die noch von der vorherigen afghanischen Regierung eingesetzt worden waren? Unter Protest aus dem Gebäude in Bonn geräumt. Das ist nicht mehr „technisch“, das ist faktische Zusammenarbeit mit einem Terrorregime.
Und die Grünen? Heucheln mit
Schön auch, wie sich die Grünen jetzt empören und „Kritik“ üben. Wo wart ihr denn, als Annalena Baerbock als Außenministerin unter Scholz „solche technischen Missionen organisiert“ hat? Scholz selbst gab im Februar zu: „Wir haben Abschiebungsflüge nach Afghanistan organisiert und hatten Kontakte mit der afghanischen Regierung“. Regierung! Er nannte die Taliban „Regierung“! Und jetzt tun alle überrascht, dass Dobrindt das Gleiche macht, nur offener und zynischer.
Außenminister Wadephul (CDU) sagte noch vor zwei Wochen, es gebe „keine Notwendigkeit“, über die Gespräche in Katar hinauszugehen. Zwei Wochen später sitzen deutsche Beamte in Kabul. Was ist passiert? Hat sich die Sicherheitslage verbessert? Nein. Haben die Taliban aufgehört, Frauen zu unterdrücken? Nein. Ist Afghanistan plötzlich ein Rechtsstaat? Nein. Aber der politische Wille, Menschen abzuschieben – koste es, was es wolle –, der ist offenbar größer als jede moralische Hemmschwelle.
Die wahren Opfer: Geflüchtete und afghanische Frauen
Während deutsche Referatsleiter*innen in „angenehmer Atmosphäre“ mit Ex-Guantanamo-Häftlingen plaudern, leben Millionen Afghaninnen unter einem brutalen Regime, das Frauen und Mädchen systematisch aus dem öffentlichen Leben verbannt. Vier Jahre nach der Machtübernahme wurde das Land „um Jahrzehnte zurückgeworfen“. Und was macht Deutschland? Schickt Menschen zurück in dieses Inferno – natürlich nur „Straftäter“, beteuert man. Als ob es in Afghanistan rechtsstaatliche Verfahren gäbe, als ob die Taliban zwischen „Straftätern“ und anderen unterscheiden würden, als ob eine Abschiebung dorthin nicht faktisch ein Todesurteil oder schlimmste Folter bedeuten könnte.
Die Internationale Organisation für Migration (IOM) warnt vor „erheblichen Herausforderungen für Rückkehrer“. Das ist Diplomatensprache für: Diese Menschen sind in Lebensgefahr. Aber das interessiert Dobrindt und seine Clique einen Scheißdreck. Hauptsache, man kann im nächsten Wahlkampf damit prahlen, „hart durchgegriffen“ zu haben.
Widerstand ist keine Option – er ist Pflicht
Diese „Gespräche“ sind eine Bankrotterklärung humanitärer Werte. Sie sind ein Kniefall vor rechter Panikmache und Abschiebungsquoten-Fetischismus. Sie sind eine Verhöhnung all jener, die sich für Menschenrechte, für Frauenrechte, für eine solidarische Migrationspolitik einsetzen.
Wir müssen diese Kollaboration beim Namen nennen: Die Bundesregierung paktiert mit Frauenmördern, mit Terroristen, mit einem Regime, das Menschen brutal unterdrückt – und das alles im Namen einer vermeintlichen „Sicherheit“, die in Wahrheit nur autoritäre Symbolpolitik ist. Wo sind die Massenproteste? Wo ist der Aufschrei der Zivilgesellschaft? Wo sind die Stimmen, die laut „Nein!“ brüllen?
Lasst uns eins klarstellen: Jede Abschiebung nach Afghanistan ist eine Komplizenschaft mit den Taliban. Jede*r Politiker*in, die das unterstützt oder schweigend toleriert, macht sich mitschuldig an dem, was diesen Menschen dort widerfährt. Es ist Zeit, auf die Straße zu gehen, Druck aufzubauen, Widerstand zu organisieren. Gegen Abschiebungen. Gegen Deals mit Terrorregimen. Für eine Welt, in der Menschenrechte nicht an der Grenze enden und Profit- sowie Machtinteressen nicht über Leben gestellt werden.
Keine Zusammenarbeit mit den Taliban! Keine Abschiebungen nach Afghanistan! Solidarität mit allen Geflüchteten!







@redaktion
Vielleicht ist schon ein überteuerter Burka-Deal in Arbeit :thaenkin:
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