Project 2025, ick hör Dir trappsen
Berlin – Die Posse um die abgewürgte Wahl von Frauke Brosius-Gersdorf ans Bundesverfassungsgericht ist endgültig im Tollhaus angekommen. Was ursprünglich als demokratischer Routineakt verkauft wurde, entpuppt sich als Paradebeispiel für das zittrige Patriarchat, das nach wie vor am liebsten Frauen am Herd sieht – und auf gar keinen Fall dort, wo es wirklich entscheidet. Willkommen im Jahr 2025, wo ein Hauch von Emanzipation reicht, um in den Hinterzimmern panische Männerrunden einberufen zu lassen.
Diffamieren, verdrehen, abservieren
Frauke Brosius-Gersdorf, von der SPD nominiert, musste erleben, wie eine Hetz-Kampagne in Rekordzeit losgetreten wurde. Plötzlich wurde sie als „ultralinks“ und „linksradikal“ abgestempelt 1 – Diffamierungen, die Brosius-Gersdorf in ihrer Erklärung klar als „realitätsfern“ zurückwies. Ihre wissenschaftlichen Positionen wurden verzerrt 2 , einzelne Aussagen aus dem Zusammenhang gerissen, um ein Feindbild zu basteln, das den Herren der Schöpfung ins Konzept passte. Besonders abstrus: Die angebliche Forderung zur Straffreiheit von Schwangerschaftsabbrüchen bis zur Geburt – eine Unterstellung, der sie vehement widersprach und die jeglicher Tatsachengrundlage entbehrt.
„Die Bezeichnung meiner Person als ‚ultralinks‘ oder ‚linksradikal‘ ist diffamierend und realitätsfern. […] Ordnet man meine wissenschaftlichen Positionen in ihrer Breite politisch zu, zeigt sich ein Bild der demokratischen Mitte.“
— Frauke Brosius-Gersdorf
Frauen raus, Männer rein
Während Brosius-Gersdorf mit erfundenen Vorwürfen (Stichwort: Plagiats-Phantom!) an den Pranger gestellt wird, dürfen sich männliche Dauergrinser wie Jens Spahn weiter im Glanz ihrer Ohnmacht sonnen. Jeder Verdacht reicht aus, um Frauen von zentralen Posten fernzuhalten – Hauptsache, die Männerseilschaften bleiben intakt. Wenn eine Frau es trotzdem wagt, mit eigener Haltung und Expertise in die Nähe von Macht zu geraten, greift der Apparat zu altbewährten „Schutzmechanismen“: verleumden, isolieren, wegmobben.
Applaus von ganz rechts
Keine Überraschung: Die Partei der blauen Nazis johlte vor Begeisterung. Während „die Altparteien“ sich gegenseitig über das Bein stellten, inszenierte die noAfD das Desaster als Sieg über die „links-grüne Ideologie“. Im Bundestag warf ihr Fraktionsgeschäftsführer Bernd Baumann Brosius-Gersdorf vor, „Babys zur Abtreibung freizugeben“ und ein Verbot der AfD zu fordern – unter dem hämischen Applaus seiner Fraktion. Für die AfD war klar: „Diesen Skandal haben wir aufgedeckt!“ Die Demontage einer progressiven Frau? Für sie ein Grund zu feiern – für uns ein Grund im Strahl zu kotzen.
Übrigens: Es ist Bernd Baumann, der Januar 2024 sagte, dass der Satz „Toitschland den Kartoffeln, Ausländer mögen gehen“ ( Ich werde hier Fascho-Propaganda und -Sprache hier niemals wiederholen!) ja gar nicht problematisch ist. 3
Laut AfD-Watch Hamburg hat er sich auch noch andere Dinge, geleistet – aber die könnt ihr hier nachlesen .
Regierung lässt sich vorführen – oder?
Statt Rückgrat zu beweisen, agierte die Bundesregierung erstaunlich handzahm – und ließ sich, flankiert vom Koalitionspartner in der Union, öffentlich an die Wand spielen. Während SPD und Grüne noch an ihrer Kandidatin festhielten, zerfledderte die Union aus blankem Machterhalt und Angst vor Rechtspopulisten ihre eigenen Zusagen. Die Folge: Das Parlament als Pannenbühne – ein Trauerspiel wider die Demokratie.
Und dann gab es auch solche Situationen auf X

Joana Cotar, AfD schreibt an Saskia Ludwig, CDU
„Bitte verhindern Sie das.“
Ludwig antwortet:
„Erledigt.;)“
… mit einem Zwinker-Smiley? Ich fass‘ es nicht!
Brandmauer? Am Arsch – sie arbeiten schon im Hintergrund zusammen auf eine gemeinsame Regierung hin? Ihr seht das nicht? Dann macht verdammt noch mal die Augen auf – oder lest Euch den ganzen Rotz doch durch (Ja, ich bin angepisst – und wie)
Parallelen zu „Project 2025“
Was wir beim Umgang mit Brosius-Gersdorf erlebt haben, wirkt auf verstörende Weise wie eine Kopie von „Project 2025“, dem rechten Umbauplan aus den USA. Dort haben konservative Thinktanks minutiös Strategien entwickelt, um progressiven Einfluss in Institutionen gezielt zurückzudrängen:
Besetzungen wichtiger Ämter werden im Vorfeld von rechts gesteuert, kritische Geister mittels Diffamierungskampagnen ausgebremst und die demokratische Fassade für eine autoritäre Rückabwicklung des gesellschaftlichen Fortschritts missbraucht.
Genauso erleben wir es nun hierzulande: Mit vorgeschobenen Vorwürfen und orchestrierten Shitstorms werden unliebsame, vor allem weibliche Kandidatinnen auf dem letzten Meter ausgebremst, während rechte Kreise und Netzwerke im Hintergrund längst applaudieren. Der fatale Kern: Demokratie wird nur noch inszeniert, während Patronage, Rückschritt und patriarchale Seilschaften das eigentliche Sagen übernehmen – nach dem Drehbuch von „Project 2025“, jetzt in der BRD.
„Geheime Gesellschaft zur Rettung der Profite“ meldet sich zu Wort
Natürlich ist auch unser Lieblings-Geheimbund informiert: In einem geleakten Memo aus der „Gesellschaft zur Rettung der Profite“ heißt es:
„Die Personalie Brosius-Gersdorf gefährdet den Gleichgewichtszustand männlicher Dominanz im Höchstgericht. Soforthilfe erforderlich. Empfehlung: Medien- und Verleumdungsoffensive Stufe 4, Ablenkungsmanöver über alle Parteien links der SPD hinweg initiieren.“
Spätestens damit ist klar: Der autoritäre Reflex der Mächtigen funktioniert – leider. Der Schaden für Demokratie und Gleichberechtigung ist längst angerichtet.
Update: Wissenschaft stellt sich gegen die patriarchale Hexenjagd
Kaum ist der Rauch vom letzten Shitstorm verzogen, schlägt die Wissenschaft mit Wucht zurück: In einem offenen Brief solidarisieren sich rund 300 Professorinnen und Professoren aus ganz Deutschland mit Frauke Brosius-Gersdorf. Die Unterzeichner, darunter prominente Juristinnen von Hochschulen zwischen Göttingen, Kiel und Hamburg, sprechen Klartext: An Brosius-Gersdorfs fachlicher Qualifikation gibt es keinen Zweifel. Wer ihre wissenschaftliche Reputation öffentlich infrage stelle, handele „schlicht unzutreffend und unsachlich“ 4 5
Der Ton des offenen Briefs ist so scharf wie berechtigt:
- Das „ideologisch aufgeladene Gezerre“ um Brosius-Gersdorf gefährde nicht nur die Kandidatin, sondern beschädige die politische Kultur und damit die gesamte demokratische Ordnung.
- Besonders kritisch wird der Rückzieher des Richterwahlausschusses hervorgehoben: Zuerst werde im vertraulichen Gremium eine Kandidatin bestätigt, „um dann gegenüber Lobbygruppen mit Unwahrheiten und Diffamierungen zurückzurudern“. Das zeuge, so heißt es unverblümt, „von fehlendem politischem Rückgrat“ und „mangelhafter Vorbereitung“.
- Die Angriffe aus dem Bundestag auf Brosius-Gersdorfs Universität sowie diffamierende Äußerungen werden als ein Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit selbst gewertet – eine Eskalationsstufe, die eigentlich ein Fall fürs Geschichtsbuch sein müsste
Die Stellungsnahme unterstreicht, was dem politischen Apparat offensichtlich fremd wurde: In der akademischen Welt herrscht über Brosius-Gersdorfs Expertise „völlige Einigkeit“. Einzelne fachliche Positionen können und sollen diskutiert werden – aber aus dem demokratischen Diskurs Personen als „radikal“ hinauszudrängen, ist und bleibt ein Armutszeugnis für alle Beteiligten.
Laut Dokumenten der „Geheimen Gesellschaft zur Rettung der Profite“ war das alles offenbar ohnehin eingeplant: „Mit dem offenen Brief stört die Wissenschaft unsere Agenda. Vorschlag: Gegenoffensive via Talkshow-Booking und Framing der Experten als abgehobene Elfenbeinturm-Linke.“
Ein Schelm, wer Parallelen zur Realität erkennt.
Es bleibt nichts anderes übrig, als weiter Licht auf diese schmutzigen Tricks zu werfen – denn solange die alten Seilschaften klatschen, wird sich an den Schaltstellen dieser Republik bitter wenig ändern.
- https://www.tagesspiegel.de/politik/bin-nicht-ultralinks-oder-linksradikal-brosius-gersdorf-wehrt-sich-nach-gescheiterter-richterwahl-gegen-vorwurfe-14024570.html ↩︎
- https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2025/kw28-de-geschaeftsordungsdebatte-1100394 ↩︎
- https://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/innenpolitik/id_100326756/bernd-baumann-afd-politiker-verharmlost-in-interview-rechtsextreme-parolen.html ↩︎
- https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/debatte-um-richterwahl-wissenschaftler-unterstuetzen-brosius-gersdorf,brosius-gersdorf-108.html ↩︎
- https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/brosius-gersdorf-110.pdf (PDF) ↩︎
@redaktion
Irre ich mich oder sind in dem Post 2 Frauen zu sehen, die eine Frau in hoher Position verhindern wollen?
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Seltsam oder?
Aber in diesem Falle ist es einfach das Project2025-GermanEdition, was hier relevant wird.
Das hast Du aber sicher auch im verlinkten Artikel gelesen.
@redaktion
Gebe @BaltschunJoerg recht. Der Zusammenhang passt überhaupt nicht.
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Zur Info:
Das die Bilder unseres Beitrages durch das Fediverse/ActivityPub-Plugin mit ins Fedi gepusht werden können wir nicht beeinflussen.
Im Artikel selbst wird es dann klarer.
@Dvdkrn @BaltschunJoerg
Ich würde euch gerne diesen Blog mit Recherchen über rechte Netzwerke und fundamentalische Christen ans Herz legen.
https://bkramer.noblogs.org/
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Lieben Dank.
Den kenne ich sogar. Und ist wirklich gut.