Warum wir heute nicht wie alle anderen vom Adenauer SRP+ bei Weidels Somemfestsinterview berichten?
Machen eh schon alle anderen! 😉
„Kein Noob ist so lost wie die Demokratie im Voice-Chat“
Manche sagen, die Zukunft der politischen Bildung liegt in den Schulen. Pff! Wer heutzutage wissen will, wie der Wind des Zeitgeists wirklich weht, muss nur mit 13 gelangweilt im „Call of Duty“-Voice-Chat hängen. Oder – besser noch – sich ins nächste Discord-Gespräch stürzen, während fünf Experten*innen für toxisches Verhalten unbemerkt die Weimarer Republik rekonstruieren.
Die Zahlen sprechen Bände: Rund 34 Millionen Menschen in Deutschland spielen Computer- oder Videospiele, die größte Gaming-Plattform Steam zählt über eine Milliarde Konten und fast 100 Millionen monatliche Nutzer*innen. Ein gigantisches Publikum – und Rechtsextremisten haben das schon längst erkannt.
Willkommen in der Pixel-Hölle
Hier, wo Avatare krachen und Tasten klacken, trifft man nicht nur auf Endgegner, sondern neuerdings auch auf Endzeit-Ideologien. Rechtsradikale auf Gaming-Plattformen? Überraschung! Während Oma noch auf Facebook Reichskanzler-Posts teilt, rocken die Enkel mit Hitler-Avatar durch Minecraft. Die braunen Memes? Kommen als Emote, versteckt im Meme-Gewand oder sogar als „witzige“ Gamer-Insider. Zu den Charakteristika einschlägiger Gaming-Communitys gehört eine ständige Ironisierung. Viele diskriminierende Äußerungen in Foren und Chats sind so formuliert, dass für Lesende nicht auf den ersten Blick klar ist, wie ernst sie gemeint sind. Sie wirken wie Easter Eggs, sind aber leider toxischer als harter Lag.
Handfeste Beweise gefällig? Das Violence Prevention Network dokumentiert systematisch, wie rechtsextreme Akteure die Welt der Video- und Computerspiele nutzen, um gezielt an die Lebenswelten junger User*innen anzuknüpfen und ihre Ideologien zu verbreiten. Und das Bundesamt für Verfassungsschutz bestätigt: „Rechtsextremisten missbrauchen das Internet und auch Gaming-Plattformen als Bühne für ihre rechtswidrigen Inhalte“.
Neuerdings hoch im Kurs: Verwandel deine Lobby in eine Echokammer!
Warum sich noch im nasskalten Hinterzimmer von Burschenschaften verschanzen, wenn du im Discord-Channel viel effektiver und vor allem anonymer Deine kaputte, rechtsextreme Ideologie verbreiten kannst? Wie der Fall „Reconquista Germanica“ zeigt, organisieren sich Rechtsradikale über Gaming-Chat-Dienste wie Discord, um soziale Netzwerke zu beeinflussen.
Die Strategien sind perfide einfach:
- Codewort statt Klarnamen: Klar, „18″ und „88″ im Username sind etwa so subtil wie ein Panzer aus Pappe – aber hey, das Skript geht auf, sobald kein Moderator zuguckt. Rechtsextreme verwenden im Internet geheime Codes und Symbole. Diese „Dog Whistles“ sind in der rechtsextremen Szene beliebt.
- Memes, die „nur Spaß“ machen: Schwarze, rote, weiße Herzen symbolisieren die Flagge des Deutschen Reiches, eine winkende Person wird als Hitlergruß umgedeutet, zwei Blitze sollen die doppelte Sigrune der SS abbilden. Humor ist, wenn keiner mehr lacht – außer ein paar Versprengten mit Adolf-mit-Sonnenbrille-Avatar.
- Gaming-Propaganda in Reinkultur: Das rechtsextreme Entwicklerstudio Kvlt Games veröffentlichte 2020 das Spiel „Heimat Defender: Rebellion“ – ein sogenanntes 2D-Jump’n’Run-Game, welches nach Aussagen des Entwicklers dezidiert für propagandistische Zwecke der rechtsextremen Szene erstellt wurde. Das Spiel zeigt ein dystopisches Deutschland im Jahr 2084, in dem Migration zu bürgerkriegsartigen Zuständen geführt hat und die Straßen von LGBTQIA+-Aktivist*innen terrorisiert werden.
Demokratische Gegenwehr: Immer einen Schritt zu langsam
Glaubt eigentlich noch jemand, dass die allermeisten Spielehersteller freiwillig mehr moderieren? Spaßvogel! Plattformen, die den Ruf haben, wenig oder gar nicht moderiert zu werden, sind bei Rechtsradikalen sehr beliebt. „Steam“ wurde von Rechtsradikalen lange Zeit auch deshalb genutzt, weil die Plattform kaum Sanktionen für menschenfeindliche Postings zu befürchten hatte.
Während die Amadeu Antonio Stiftung Handlungsansätze entwickelt, um eine digitale Zivilgesellschaft auch in Videospielwelten lauter werden zu lassen, schmeißen im nächsten Fortnite-Match schon die Nachwuchs-Reichsbürger ihre Dog Whistles um sich. Punkt für Rechtsaußen!
Die Realität ist brutal: In einer repräsentativen Umfrage in den USA gaben 2019 mehr als ein Fünftel der Befragten an, in Multiplayer-Spielen mit Inhalten konfrontiert worden zu sein, die eine Überlegenheit weißer Menschen behaupten. Und in Deutschland? Besonders häufig betroffen: nicht weiße und nicht männlich Spielende.
Der Terror wird zum Spiel
Das Perfide: Der Attentäter von Halle veröffentlichte eine Liste von „Achievements„, die es bei Anschlägen zu erreichen gelte – wie in einem Videospiel. Der Attentäter von Christchurch kündigte in seinem Manifest die Absicht an, „den Highscore zu knacken“. Gaming-Ästhetik für Mord und Todschlag – willkommen im gamifizierten Terror des 21. Jahrhunderts.
Fazit: „Wer Nazi-Jokes feiert, bekommt als Loot… gar nichts. Es ist nur scheiße!“
Wirklich, die Gaming-Community wäre so schön: Schnell, kreativ, jung, bunt. Und was machen einige? Tragen Toxizität im Tarnumhang und erklären die „junge Freiheit“ zur Steuerungstaste für Diskursverschiebung nach rechtsaußen. Rechtsextreme und deren Netzwerke nutzen Gaming-Plattformen, um sich weiter zu vernetzen, zu mobilisieren und ihre menschenverachtende Ideologie zu verbreiten. Die Normalisierung rechter Positionen? Funktioniert besser als Bugs in Early-Access-Spielen.
Bleibt nur zu hoffen, dass den rechten Trollen bald selbst die Internetleitung glüht – und die Mitspieler*innen endlich den Mute-Button so selbstverständlich bedienen wie die Nachlade-Taste und die faschistische Propaganda out-callen.
Also, liebe Gamerinnen und Gamer: Lasst nicht zu, dass die Rechtsextremen euch das Highscore-Brett vollspammen. Courage lohnt sich! Ach ja, und meldet die Trolle – jede Runde. Hit ‚em where it hurts: Im Server-Logbuch.
PS: Ich bin heute ein wenig in Eile, daher klatsche ich meine Quellen einfach hier drunter, anstatt sie wie gewohnt im Text als Fußnoten einzubauen.
Quellen:
- Bundesamt für Verfassungsschutz: Rechtsextremismus: Symbole, Zeichen und verbotene Organisationen
https://www.verfassungsschutz.de/SharedDocs/kurzmeldungen/DE/2024/2024-06-07-auflistung-verbotener-zeichen-und-symbole.html - Bundeszentrale für politische Bildung (2020): „Zocken am rechten Rand“
https://www.bpb.de/themen/rechtsextremismus/dossier-rechtsextremismus/324688/zocken-am-rechten-rand/ - Violence Prevention Network: Projekt Gaming und Rechtsextremismus
https://violence-prevention-network.de/angebote/projektuebersicht/gaming-und-rechtsextremismus/
https://gaming-rechtsextremismus.de/ - Amadeu Antonio Stiftung (2023): Gaming und Rechtsextremismus – 25 Fragen & Antworten
https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/publikationen/gaming-und-rechtsextremismus-25-fragen-antworten-zum-thema/ - HateAid (2023): Unverpixelter Hass? Rechtsextremismus im Gaming
https://hateaid.org/rechtsextremismus-im-gaming/ - jugendschutz.net-Report (2023): Rechtsextremismus und Gaming
https://www.klicksafe.de/news/jugendschutz-net-report-rechtsextremismus-und-gaming - Campact (2024): Geheime Codes von Rechtsextremen online
https://blog.campact.de/2024/03/geheime-codes-von-rechtsextremen-online-emoji-hashtag/ - Möbus, Benjamin (2024): Infiltration beim Gaming: Wie Rechtsextreme PC-Spiele für ihre Propaganda nutzen
https://www.news4teachers.de/2024/02/infiltration-beim-gaming-pc-spiele-als-subtile-strategie-von-rechtsextremisten/ - Kompetenznetzwerk gegen Hass im Netz: Studie „Lauter Hass – leiser Rückzug“ (2024)
https://www.hass-im-netz.info/themen/artikel/rechtsextremismus-und-gaming-ein-komplexes-verhaeltnis.html - Netzpolitik.org (2018): Getarnt als Gamer – Einblicke in eine rechtsradikale Troll-Armee
https://netzpolitik.org/2018/getarnt-als-gamer-einblicke-in-eine-rechtsradikale-troll-armee/ - Konrad-Adenauer-Stiftung: Rechtsextreme Codes
https://www.kas.de/de/web/extremismus/rechtsextremismus/rechtsextreme-codes
@redaktion Bissie schnarch ist die Nummer auch schon. War schon "Debatte" zu Diablo Lod Zeiten im Netz und Nazigruppen im Gruppen Run. Und ja, gibt's immer noch. Genau wie die Nazi Groups.
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Stimmt… die Fascho-Gruppen gibts im Prinzip schon seit dem es Internet gibt.
Manche bekommen davon aber oft überhaupt nichts mit und seit dem es in vielen Online-Coop-Games auch Chats gibt, wird fascho-Gedankengut schneller unter die Leute gebracht.
Früher hattest Du das mehr im TS und so. Ich hab auch zB das Thema Roblox gar nicht weiter vertieft (keine Spoons). Aber da werden mal eben neue „Spiele“ erstellt, die echt krass übel sind.
Und das dann von Teens und jungen Erwachsenen gespielt und promoted werden.
Aber nochmals ganz lieben Dank fürs Teilen.
/rh
@redaktion Ja, sag ja, es wird iwie übler statt besser. Dazu kommt die grössere Verbreitung.
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Ein unglaublicher Sumpf.
Ich muss mal überlegen, ob ich da irgendwann nochmal genauer drauf eingehe.
Hab das gestern zwar angefangen zu schreiben, aber heute nicht mehr viel am Text gedreht.
Wichtig ist einfach, dass das möglichst viele Elter und Leute mitbekommen, die irgendwie mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben.
Da fehlt es im Allgemeinen für mein Empfinden doch noch sehr an Aufklärung.
@redaktion Ja. War immer, trotz Teilweiser Bericht Erstattung,die unterbelichtete Schmuddel Ecke. Und die Gefahr für Kids ist enorm da,auch wenn sie gar nicht so drauf sind. Da wird richtig Druck aufgebaut und mit Leckerlies dann geworben, die es nur in der "Gruppe" gibt