
Kaffetasse auf Schreibtisch (Symbolbild)
Hier einmal etwas in „eigener Sache“, da dieser Kommentar auch uns als Linke oder zumindest Menschen, die sich im linken Spektrum zugehörig fühlen, betrifft. Es geht derzeit eine Aktion in den sozialen Netzwerken um, die schon beim ersten Mal so gar nicht geklappt und nur für Gelächter bei denen gesorgt hat, die man eigentlich inhaltlich erreichen wollte – und sollte: #AlleTassenImStadtbild
Und ja, es ist für mich persönlich kaum noch zu ertragen: Während Faschos, rechte Netzwerke und AfD-Strateg*innen im Land längst die Schlagstöcke schwingen – kommen Teile der Linke mit einer Kaffeetassen-Challenge ums Eck. Ihr Ernst?! Da wird auf Social Media gefeiert, als hätte die Antifa gerade das Patriarchat mit einem Porzellanwurf gestürzt! Die Realität? Ein Schaulauf bürgerlichen Wohlfühlaktivismus‚, so mutlos und peinlich wie die mitgelieferten Deko-Slogans.
Pseudo-Widerstand aus der Tupperdose
Tassen „für’s Stadtbild“ zur CDU und Merz senden? Wer glaubt denn ernsthaft, Friedrich Merz ließe sich von Steingut aus dem Trott bringen? Diese Aktion ist nicht mal symbolisch, sie ist die Karikatur von Widerstand – Glanz, Glitter, ein Selfie und die Likes zählen sich ganz von selbst. Verschickte Tassen landen einfach irgendwo auf dem Flur der Parteizentrale, neben 1000 anderen Werbeartikeln oder eben direkt im Müll.
Keine Demokratie wurde je mit Keramik gerettet, liebe Mitlinke!
Aus Empörung wird Konsum
Und jetzt kommt der noch größere Hohn: Die Empörung wird zur Ware! Über einen bit.ly-Tracker-Link wird „Antifa-Merch“ vercheckt – powered by Spreadshirt, wo Antifa-Merch im selben Backend verjubelt wird, in dem Nazis und Querdenker*innen ihren Müll verticken. Spreadshirt steht regelmäßig in der Kritik, weil sie Motive aus dem rechten und verschwörungsideologischen Lager erst dann rausnehmen, wenn ein massiver Shitstorm losbricht. Sie haben sogar antisemitische Designs wie den „ungeimpft“-Judenstern verkauft. Wer Merchandise dort kauft, spielt das kapitalistische Spiel mit und spült den Laden genauso mit Geld voll wie rechte T-Shirt-Hersteller*innen.


Protest per DHL – für die Katz und gegen die Bot*innen
Und als wär’s damit nicht schon schlimm genug, verdienen sich DHL, Hermes und Co. auch noch an all den sinnlos einzeln bzw. im Duo verschickten Kaffeetassen. Jede „Aktionstasse“ wird von gestressten Paketbot*innen im Akkord ausgeliefert, die im schlimmsten Subunternehmer-Elend für ein paar Cent pro Stück schuften. Bis zu 200 Stopps pro Tag, häufig unter Zeitdruck, für Dumpinglöhne und zu prekären Arbeitsbedingungen. Empörung, geliefert von Paket-Arbeiter*innen, die selbst oft migrantisch sind und unter prekären Bedingungen ausgenutzt werden – eine bitter-ironische Farce, die jedes politische Ziel aushebelt.
Kapitalismus als Gag, Klima als Nebeneffekt
Und nebenbei? Klima vollends in den Müll. Für jede Tasse werden Rohstoffe, Logistik und CO₂ durch die Republik geprügelt, nur damit sich linke Bubbles für ihre feuchten Moralträume abfeiern können. Die politische Wirkung tendiert dabei – Überraschung! – gegen null. Surprise!
Machtstrukturen: Ausverkauft
Was bleibt? Während draußen die antiautoritär-solidarische Bewegung mit Knüppeln auf den Straßen traktiert wird, tanzt die Wohlfühl-Linke im Merch-Kreisverkehr ihr Ritual: Protest wird Style, Empörung wird Filter, Solidarität wird zum Tassen-Sharepic auf Instagram. Regierende, Plattformbetreiber und Logistikunternehmen kassieren ab.
Verantwortung: Scherbenhaufen aus Selbstbetrug
Die Schuld daran tragen alle, die mitmachen, verharmlosen, ausweichen und sich von Politik in Wohlfühl-Swag verwandeln lassen. Die „Aktivist*innen“, die Tassen und Merchandise statt Inhalte posten, die für jedes neue Meme ein Produkt „designt“ haben – und dazu natürlich die Konsumplattformen, die bereitwillig jede Ästhetik in bare Münze verwandeln, solange kein Skandal zu groß wird.
Wer jetzt noch glaubt, das sei radikaler Protest, hat wirklich alle Tassen im Schrank verloren – aber die dann bitte unverschickt lassen. Empörung, die zum Geschäft wird, ist kein Widerstand, sie ist ein Symptom von Anpassung und Selbstbetrug. Echte Veränderung braucht keine DHL-Lieferung, keine bit.ly-Statistik und keinen Spreadshirt-Gutschein. Zerschlagt den Merchandise-Kult, boykottiert Konsumprotest, organisiert echte Solidarität und kämpft Seite an Seite mit den Ausgebeuteten. Der Feind sitzt im System, nicht im Versandkarton.
Widerstand ist keine Deko – lasst die Tassen daheim, bringt euch lieber selbst ein! Solidarität heißt kämpfen, nicht shoppen.
Quellen:
- https://www.zeit.de/2021/08/spreadshirt-unternehmen-leipzig-rechtsextremismus-afd-t-shirt-bedruckung
- https://www.n-tv.de/politik/Spreadshirt-liess-Judenstern-T-Shirt-zu-article21789701.html
- https://www.nd-aktuell.de/artikel/1193573.arbeitsbedingungen-boomende-paketbranche-kilo-pakete-und-subunternehmen.html
- https://jungle.world/artikel/2025/29/post-arbeitsbelastung-zeitdruck-im-zustellstuetzpunkt
- https://jacobin.de/artikel/paketzusteller-subunternehmen-hermes-amazon
- https://www.fluter.de/onlineshopping-arbeitsbedingungen-amazon-zalando-otto






